Während ich mich neulich beim Sport auf dem Stepper abmühte und dabei
meinem heimlichen Sportlaster, dem Gucken von hirnlosen Daily Soaps,
hingab, ließ mich ein Film auf dem benachbarten Fernsehmonitor die
Daily Soap verlassen und auf den nächsten Sender umschalten.
Es ging um eine
Schauspielerin, die durch die Stadt geht und dabei andauernd
unerwünscht von Männern angesprochen wird.
Zum Teil, weil ich
das sowohl persönlich, als auch aus Erzählungen schon selber
mitbekommen habe: Frau geht über die Straße und kriegt Kommentare
zu hören. Und das auch unabhängig vom Kleidungsstil.
Zum Teil aber auch,
weil ich die Reaktionen der Zuschauer erschreckend fand. Da bekommt
diese Schauspielerin aus dem Film Morddrohungen, weil sie sich von
den Männern in diesem Film belästigt fühlt. Von Männern, die sie
ohne Grund auf der Sprache ansprechen, manchmal anzüglich, manchmal
aber auch scheinbar belanglos. Sie wäre ja hässlich und könnte
froh sein, dass sie überhaupt Aufmerksamkeit bekommt. Und wenn sie
das nicht wollte, könnte sie sich ja wehren. Oder es heißt, das
wären normale Komplimente, und man müsse doch normal Konversation
betreiben können.
Ich möchte mich
zuerst von der Geschlechterrolle trennen. Für mich ist es nämlich
egal, ob Mann Frau belästigt oder umgekehrt. Deswegen spreche ich im
Weiteren allgemein von Menschen.
Punkt 1: Mensch hat
gefälligst jederzeit bereitzustehen, um als „Projektionsfläche
einer sexuellen Phantasie“ (Zitat: Marijke Dömges) zu dienen, wenn
anderer Mensch darauf Lust hat. Und zwar völlig unabhängig von der
jeweiligen Stimmung und Situation von Mensch 1.
Denn mal ganz
ehrlich: warum sollte ein Mensch einem anderen Menschen einen noch so
belanglosen Spruch hinterherrufen, wenn das Ziel nicht ist,
Aufmerksamkeit und die vielleicht ja doch die Chance auf mehr zu
bekommen?
Punkt 2: Es gehört
offensichtlich für viele Menschen zu den modernen
Konversationsregeln, wildfremde Leute auf der Straße ohne Grund zu
belästigen. Und zwar Menschen, die überhaupt nichts getan haben, um
diese Aufmerksamkeit zu wecken.
Ich werde überhaupt
nicht gerne von fremden Leuten auf der Straße angesprochen, weder
von Tierschützern, noch von Abo-Verkäufern oder Pennern, geschweige
denn von Menschen, die gar keinen Grund haben. Aber die einzige
Chance, die ich habe, vor allem letzteren aus dem Weg zu gehen, ist
dann, zu Hause zu bleiben. Oder mich hässlich zu machen. Oder mich
zu wehren, worauf ich aber auch keine Lust habe. Dann werde ich
gezwungen, Energie für etwas aufwenden, die ich gar nicht für so
etwas verschwenden will. Weil jemand anders sich nicht im Griff hat.
Glaubt ein Großteil
der Menschheit wirklich, dass der Ottonormal-Mensch sein
Selbstbewusstsein aus dummen Anmachen von wildfremden Menschen auf
der Straße zieht?
Oder andersherum,
was kann ich mir davon kaufen, dass ich auf der Straße einen Spruch
kassiere? Ich persönlich nichts. Außer, dass ich genervt bin.
Dabei spreche ich
hier ausdrücklich nicht von Konversationen, die sich zufällig
ergeben können (solange sie eine bestimmte Grenze nicht
überschreiten). Auch ich habe mich schon mit Wildfremden verbündet
oder auch verfeindet, aber da gab es immer einen Grund und dadurch
zumindest ein kurzzeitiges gemeinsames Interesse, egal ob positiv
oder negativ. Wenn Mensch mir auf der Straße irgendetwas
hinterherruft, hat er Interesse, ich aber nicht.
Wendell Holmes
(1841 – 1937) sagte mal „The right to swing my fist ends where
the other man's nose begins.“, was frei übersetzt heißt “Deine
Freiheit hört da auf, wo sie anfängt, meine einzuschränken.“
Ich
möchte als Mensch das Recht haben, über die Straße zu gehen, ohne
mich über Kommentare jeglicher Art ärgern zu müssen. Und dieses
Recht sollte jeder Mensch haben.
Text: TineKaracho
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